SEO | Content-Marketing-Strategie der Barmenia Versicherung – one2deepdive

In einer Ära, in der das digitale Zeitalter die Art und Weise, wie Unternehmen mit ihren Kunden interagieren, revolutioniert hat, ist es unbestreitbar, dass Online Marketing zu einem Eckpfeiler des modernen Marketing Mix geworden ist. Traditionelle Marketingansätze allein reichen nicht mehr aus, um in einer zunehmend digitalisierten Welt erfolgreich zu sein. Google, Meta, Microsoft, TikTok und Co. ermöglichen Unternehmen ihre Präsenz zu maximieren, eine breite Zielgruppe zu erreichen und direkter mit Kunden zu interagieren als jemals zuvor. Messbar bis in den letzten Cent.

Suchmaschinenoptimierung (SEO) der Barmenia

Hier sieht man auf den ersten Blick, dass die Barmenia einen sehr konstant hohen Brand Traffic erzeugt. Brand Traffic entsteht in der Versicherungsbranche jedoch häufig nicht durch extrem guten Content oder sehr gute Werbung. Dieser Traffic entsteht einfach anhand der Menge der Kunden, die ein Versicherer hat und die entsprechend nach dem Keyword “barmenia” suchen. Das Keyword “barmenia” hat allein ein Suchvolumen von monatlich 49.300 Suchanfragen. Nehmen wir dann noch Keywords wie “barmenia zahnzusatzversicherung”, “barmenia kontakt”, “barmenia versicherung”, “barmenia +standort” und diverse Keywords zu “barmenia tierversicherung” (bei letzterem läuft ein sehr schöne Social Media Kampagne, dazu kommt mal ein eigener Beitrag) hinzu. So kommen wir auf ein Brand-spezifisches Suchvolumen von 198.170 Suchanfragen aus 5.549 Barmenia-relevanten Keywords, was zu ca. 67.045 Klicks auf die Website führt. Jeden Monat. Zum Thema Barmenia + X. Dazu kommt, dass nahezu 95% der Keywords, die das betrifft, auch auf Position 1 in den Suchergebnissen ranken. Das ist als Versicherer natürlich nur das Pflichtprogramm.

Jetzt bleiben 42.981 Keywords übrig, die ein Suchvolumen von insgesamt 2.354.710 monatlichen Suchanfragen haben. Jedoch nur noch vergleichsweise geringe 24.347 Klicks auf die Barmenia-Website auslösen.

Das liegt vor allem daran, dass die Barmenia unter den 42.981 non-Brand Keywords lediglich 519 Keywords hat, die auf den Top 3 in der Google Suche rangieren. Für die Position 1 sind das sogar nur noch 224 Keywords.

Rechenbeispiel

Für das Beispiel können wir die Brand-Keywords weglassen. Fragen zu den eigenen Versicherungen oder Schadensmeldungen passieren ohnehin. Nehmen wir dazu also die 519 Top 3 Keywords ohne Barmenia-Bezug.

Die 519 Keywords führen zu knapp 38.300 Suchanfragen. Nehmen wir die aktuell gängigen Klickraten, entstehen ca. 7.060 Klicks auf die Ergebnisse und damit 7.060 Besucher auf der Website. Da wir es bei den Top-Keywords mehrheitlich mit mehrdeutigen, einfachen Wissensanfragen und weniger mit Aktionsanfragen zu tun haben, nehmen wir hier lediglich eine Conversionrate von 0,3-0,5% an (liebe Barmenia, ich korrigiere das gern, kann mir viel mehr jedoch nicht vorstellen).

Berechnung: 7.060 * 0,5% = 35,3 Kundenanfragen/Anträge/Leads pro Monat

Diese Anfragen kommen immer und werden mit steigender Anzahl an Inhalte und steigender Qualität der Inhalte auch immer mehr. Das Beste: Die Anfragen sind umsonst. Kein Werbebudget oder Ähnliches wird fällig.

Berechnen wir noch das Budget, was es benötigen würde, um diesen Traffic einzukaufen. Legen wir einen Klickpreis von durchschnittlich 1 € fest, da wir bei manchen Keywords tendenziell 5-8€ zahlen würden, bei anderen eher 0,50 €.

Berechnung: 7.060 * 1,00 € = 7.060 € Werbebudget

Das Werbebudget könnte man unter Berücksichtigung von UX/UI Komponenten, vernünftigen Landingpages etc. sicher zu einer höheren Conversionrate bringen. Das würde hier jedoch den Rahmen sprengen. Fakt ist, das Budget von 7.060 € monatlich kann sich die Barmenia sparen, da sie auf nachhaltige Suchmaschinenoptimierung setzen. Auch wenn hier noch Luft nach oben ist.

Verzeichnisse und URLs

Schaut man sich die Verzeichnisstruktur und den Sichtbarkeitsindex der barmenia.de an, wird klar, dass Ende 2019 oder Anfang 2020 ein Relaunch der Seite und der Verzeichnisstruktur stattgefunden haben muss.

Barmenia Verzeichnisstruktur zweite Ebene aus SISTRIX
Barmenia-Verzeichnisstruktur
Barmenia Sichtbarkeitsindex seit 2015
SISTRIX Sichtbarkeitsindex Barmenia seit 2015.

Während eine vernünftige Verzeichnisstruktur grundsätzlich eine ausgezeichnete Idee ist, hat die Barmenia eine unglaublich hohe und teilweise zumindest (scheinbar) unnütze Verzeichnistiefe gewählt. Während Google in der Regel sagt, drei Ebenen in der Verzeichnisstruktur reichen, hat die Barmenia teilweise sechs Ebenen, bis man den Beitrag dann auch endlich hat. Siehe folgende URL:

https://www.barmenia.de/deu/bde_privat/bde_unternehmen/bde_nachhaltigkeit/bde_wirtschaftlich/bde_zertifizierung_und_auszeichnungen/uebersicht.xhtml

Bei genauerem Hinsehen fällt auf, dass die Barmenia mit den neu geschaffenen Verzeichnissen auch begonnen hat, auf Content-Silos zu setzen. Über das Verzeichnis https://www.barmenia.de/deu/bde_privat/bde_produkte_privat/ wird bspw. ca. 65% des Traffics erzeugt. Hier befinden sich die Content-Zugpferde der Barmenia, wie die Zahnzusatzversicherung, sämtliche Tierkrankenversicherungen und die private Krankenversicherung. In der folgenden Grafik kann man sehr gut sehen, dass der Fokus primär auf der Gesundheitssparte liegt.

Barmenia Verzeichnisstruktur dritte Ebene aus SISTRIX

Neben dem Produktfokus hat die Barmenia einen Ratgeber, der sich seit Anfang 2023 entwickelt und Randthemen bzw. nicht direkt abschlussnahe Keywords bedient. Unter anderem sind da flankierend zu den Pferdeversicherungen noch Ratgeber wie “Mit Pferd im Urlaub: so wird die Reise entspannt für Sie und Ihren vierbeinigen Freund”. Mir persönlich steht für einen Ratgeber hier das Produkt erst einmal zu weit oben. Der Nutzer sollte ja durch den Inhalt des Textes zum Nachdenken über einen Schutz angeregt werden. Auch wenn ich die Idee gut finde und den Gedanken teile, würde ich nicht direkt mit der Tür ins Haus fallen.

Eine weitere Besonderheit löst aber nahezu direkten Schmerz in meinen Augen aus. Der Aufbau der URLs ist, neben den durch die Verzeichnistiefe eh schon übertrieben langen URLs, wirklich gruselig. Es wird mit “_” statt den gängigen “-” gearbeitet. Neben der Hässlichkeit hat dies auch noch einen Einfluss auf die Suchmaschinenoptimierung.

In URLs können Bindestriche (-) verwendet werden, um Wörter voneinander zu trennen und die Lesbarkeit zu verbessern. Unterstriche (_) hingegen sollten vermieden werden, da sie oft nicht so gut für die Lesbarkeit und Suchmaschinenoptimierung sind. Hier ist der Grund dafür:

Bindestriche (-): Bindestriche werden von Suchmaschinen als Trennzeichen zwischen Wörtern erkannt. Zum Beispiel wird die URL “https://www.beispiel-website.de/mein-artikel” von Suchmaschinen als “mein Artikel” interpretiert. Das erleichtert die Lesbarkeit für Menschen und trägt damit zur Suchmaschinenoptimierung bei, da Keywords klarer erkannt werden können.

Unterstriche (_): Unterstriche werden von Suchmaschinen nicht als Trennzeichen zwischen Wörtern interpretiert. Die URL “https://www.beispiel-website.de/mein_artikel” würde von Suchmaschinen eher als “mein_artikel” wahrgenommen. Das kann zu Problemen bei der Erkennung von Keywords führen und die Lesbarkeit für Mensch und Maschine beeinträchtigen.

Beispiel IST: https://www.barmenia.de/deu/bde_privat/bde_ratgeber/bde_gesundheit_2/bde_zahngesundheit/was_ist_plaque.xhtml

Beispiel SOLL: https://www.barmenia.de/deu/bde-privat/bde-ratgeber/bde-gesundheit-2/bde-zahngesundheit/was-ist-plaque/

Liest sich direkt um einiges besser.

Was hat die Barmenia gut gelöst?

Generell gut gelöst ist, dass überhaupt ein SEO Ansatz gefahren wird. Die Barmenia arbeitet mit Verzeichnissen und Strukturen und es ist für jeden leicht erkennbar, wo man sich gerade befindet. Schaut man sich den Sichtbarkeitsindex an, wird klar, dass nach wie vor versucht wird, konstanten Content-Output zu liefern – auch wenn es noch nach einem langen Weg scheint, wieder auf die anfängliche Sichtbarkeit zurückzukommen. Die Seiten sind gut lesbar, bauen sich schnell auf und übererfüllen die meisten Core-Web-Vital Standards.

Was hat die Barmenia vermeintlich schlecht gelöst?

Wenn man sich anschaut, wann der Relaunch stattgefunden haben muss, hat die Barmenia deutlich zu spät begonnen, Suchmaschinenoptimierung auf die Agenda zu setzen. Die Seitenhygiene kommt ebenfalls etwas zu kurz. Während auf der Hauptseite barmenia.de grundsätzlich wenig zu beanstanden ist, verweisen gerade die Subdomain Inhalte auf agentur.barmenia.de häufig auf 404 Seiten. Diese Seiten wurden vermutlich neu gemacht, verfügen jedoch über keine Weiterleitung. Hier hat das SEO-Team (sofern es eines gibt) technisch definitiv noch Nachholbedarf, da die gängigen Tools einen damit förmlich anschreien. Zur URL-Struktur und Verzeichnistiefe habe ich oben schon geschrieben. Beides zum Start nicht ganz bis zum Ende durchdacht und jetzt eine riesige Baustelle, die hauptsächlich aufgrund des “_” den SEO-Fortschritt aktiv behindern könnte.

Fazit

Die Barmenia hat zu spät angefangen. Das ist in der Branche jedoch kein Einzelfall und die Barmenia ist da nicht allein. Immerhin ist es kurzfristig viel leichter, das große Geld in Ads zu stecken, denn es kommt ja unmittelbar ein Output und nicht erst zwei, drei oder vier Jahre später. Hätte die Barmenia 2015/2016 bei den ersten Anzeichen von Verlusten etwas schneller gehandelt, würden vermutlich noch deutlich mehr Anfragen und Anträge über die Suchmaschine angekommen. Der Ansatz insgesamt gefällt mir jedoch sehr gut, auch wenn ich einige Dinge anders machen würde. Unter dem Spruch “besser spät, als nie”, spart die Barmenia langfristig jedoch ordentlich Werbebudgets ein. Nicht zuletzt müssen einmal erreichte Positionen meist auch “nur” verwaltet werden und bringen die Neukunden rund ums Jahr auf die Seite – ganz ohne Werbung.

Geschrieben von Michael Glorius
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